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Wie das Rheinland preußisch wurde

Auf dem Wiener Kongress, der vor 200 Jahren stattfand, wurde Europa nach der napoleonischen Besetzung neu geordnet – unter der Leitung des österreichischen Außenministers Klemens Fürst von Metternich. Das wirkte sich auch auf das Rheinland aus: Das Königreich Preußen übernahm die Herrschaft, erhielt aber einige Errungenschaften der Franzosen.

Ein französischer Feldherr überrennt halb Europa mit seinen Truppen, und nach seiner Niederlage orchestriert ein österreichischer Außenminister die politische Neuordnung des Kontinents. Die Rede ist natürlich von Napoleon Bonaparte und Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich und das Ereignis, das sich heuer zum 200. Mal jährt, ist der Wiener Kongress. Doch wie kam es zu diesem politischen Jahrhundertereignis, das das Bild Europas nachhaltig verändert hat? Und was waren die Konsequenzen für die beteiligten Staaten?

Napoleon hatte die politische Landkarte des Kontinents stark verändert. Nachdem der korsische General 1799 im von der großen Revolution erschütterten Frankreich die Macht ergriffen hatte, hatte er nach und nach zahlreiche Staaten besetzt und beherrscht, unter anderem Österreich und das Königreich Italien. Ihr Ende fand die napoleonische Okkupationspolitik mit der Schlacht von Waterloo 1814: Der Feldherr wurde von einer Allianz aus Großbritannien und Preußen vernichtend geschlagen. Der Wiener Kongress nun mit seinen Vertretern aus rund 200 europäischen Staaten, Städten, Herrschaften sollte eine dauerhafte Nachkriegsordnung schaffen. Das gelang auch, und zwar mit historischen Veränderungen für das Rheinland.

Grenzen am Rhein neu gezogen

Denn im Rahmen der Neuordnung wurden auch die Grenzen am Rhein neu gezogen. „Die Regionen links und rechts des Rheins wurden dem Königreich Bayern, dem Großherzogtum Hessen und vor allem Preußen zugeschlagen“, sagt Dr. Alexander Berens, Historiker und Heilpraktiker aus Mönchengladbach (www.amaterasu-institut.de), Autor des Buches „Europa. Einführung“ (www.oldib-verlag.de/html/Einfuhrungen.html) und früher wissenschaftlicher Mitarbeiter im Freilichtmuseum Kommern. Dort hatte er die Dauerausstellung „Wir Rheinländer“ mit begleitet, die sich unter anderem mit der Zeit nach dem Wiener Kongress auseinandersetzt und auch heute noch zu sehen ist (www.kommern.lvr.de).

Der größte Teil des Rheinlandes ging an Preußen, so dass das Königreich das Gebiet beherrschte, das wir heute landläufig als Rheinland kennen und das ab 1830 „Rheinprovinz“ genannt wurde. Im Zuge des Kongress erhielt Preußen zusätzlich zu seinen älteren Besitzungen in Kleve, Geldern, Moers und den durch die Säkularisation unter preußische Hoheit gelangten ehemaligen Reichsstiften Essen, Elten und Werden, folgende Gebiete: das rechtsrheinisch gelegene Großherzogtum Berg, den Niederrhein mit dem ehemaligen Herzogtum Jülich, dem Kurfürstentum Köln und den Reichsstädten Köln und Aachen, die kleineren Herrschaftsgebiete in der Eifel, dem Hunsrück und an der Saar und die Gebiete des ehemaligen Kurfürstentums Trier an Mittelrhein und Mosel mit den Städten Koblenz und Trier. „König Friedrich Wilhelm III. beherrschte damit das Rheinland. Das Besondere daran: Damit war das überwiegende Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens seit dem Zerfall des Karolingerreiches wieder erstmals politisch vereint“, betont Alexander Berens.

Französisches Zivil- und Handelsrecht erhalten

Das Rheinland war durch die französische Besatzungszeit stark geprägt und hielt laut Berens an zahlreichen Errungenschaften fest. Dazu hätten das französische Zivil- und Handelsrecht gehört, aber auch die Handelskammern und die Gemeindeverfassung. Dieses „Rheinische Recht“ mit Zivil- und Strafrecht, Gerichtsverfassung (vor allem die Geschworenengerichte), Freiheit der Person und des Eigentums, Gleichheit vor dem Gesetz, Öffentlichkeit und Mündlichkeit der Gerichtsverhandlungen, religiöse Freiheit, Trennung von Kirche und Staat und eine effiziente Zentralverwaltung sei das Fundament der bürgerlichen Gesellschaft im Rheinland gewesen. Und auch das Festhalten am „Code de Commerce“ sei hilfreich gewesen: Dies garantierte beispielsweise Gewerbefreiheit und günstige Rechtsbedingungen bei der Bildung von Aktiengesellschaften. „Das sollte sich als Glücksfall herausstellen. Das ‚Rheinische Recht’ sorgte für ein Sonder- und Selbstbewusstsein der Rheinländer, das später auch Anteil an der außergewöhnlichen Entwicklung der Region in der Industrialisierung haben sollte“, erklärt Dr. Alexander Berens.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • : © Jürgen Fälchle - Fotolia.com

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