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Ihr seid mehr? Vielleicht! Aber wir sind klüger: Über den Tellerrand des eigenen Milieus hinausschauen

Paderborn – Das alljährliche „Schwarmintelligenz“-Treffen des Publizisten und Medienunternehmers Klaus Kelle gewinnt in den bürgerlich-konservativen Kreisen der Republik zunehmend an Bedeutung. Am Wochenende trafen sich auf seine Einladung im Paderborner Welcome-Hotel rund 230 Freunde aus seinem Netzwerk, um über gesellschaftliche (Fehl-)Entwicklungen zu beraten und über die Frage, wie die „bürgerliche Mitte“ für diesen Prozess endlich aktiviert werden kann.

Im Mittelpunkt stand dabei der Auftritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), mit dem erstmals überhaupt ein Parteipolitiker als Redner zu diesen Treffen eingeladen wurde. Vielen in der CDU gilt Spahn als Hoffnung auf bessere Zeiten nach einer Vorsitzenden Angela Merkel. Andere trauen ihm nicht, halten ihn nicht für einen Konservativen, seit der bekennende Homosexuelle im Bundestag für die „Ehe für Alle“ gestimmt hat. In Paderborn musste sich Spahn Kritik an seinen Vorschlägen zur Neuregelung der Organspenden anhören. Auch als es um Migration und ihre unangenehmen Begleiterscheinungen ging und seine Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der AfD gab es lautstarken Widerspruch und sogar Buhrufe. Aber der Minister knickte nicht ein, nahm die hitzige Diskussion auf und hielt dagegen. Eine Dreiviertelstunde überzog er seinen eigentlich straff durchgetakteten Auftritt, um den Streit mit der „konservativen Avantgarde“ (Eröffnungsrednerin Kirstine Fratz) zu führen. Alleine das nötigte vielen der Teilnehmer Respekt ab, wie man am Schlussbeifall feststellen konnte.

Kirstine Fratz hatte das Netzwerktreffen mit einem hochklassigen Vortrag eröffnet. Sie legte dar, wie sich das Konservative in unserer Gesellschaft den Zeitgeist zurückerobert – im Berufsleben, im Alltag und auch in der Werbung. Ebenso wie beim international gefragten Internet-Campaigner Marco Rolof, vor dessen Vortrag alle Handys und Aufnahmegeräte im Saal ausgeschaltet werden mussten („sonst breche ich ab“), machen gerade solche Redner den Unterschied der „Schwarmintelligenz“ zu ähnlichen Treffen aus. „Wir wollen über den Tellerrand hinausschauen“, erklärt Kelle sein Konzept für diese Veranstaltungsreihe. Nicht „im eigenen Saft schmoren“, sondern sich mit der Wirklichkeit der Anderen auseinandersetzen.

Josef Kraus, einst Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, zog in Paderborn eine vernichtende Bilanz des Erbes der sogenannten 68er. Marco Rolof zeigte an Beispielen, wie es möglich ist, große Reichweiten für Wahlkämpfe und Kampagnen zu generieren. Sandra Seilz, einst selbst Opfer eines Angriffs „junger Männer“ beim Joggen in einem Park in Oberhausen, erzählte, wie sie daraufhin eine nicht reissfähige Jogginghose für Frauen entwickeln ließ und international auf den Markt brachte (safe shorts). Simone Baum, Landesvorsitzende der WerteUnion in NRW, berichtete über Erfolge beim Ausbau der konservativen Basisbewegung in der Union.

Sehr bewegend war der Auftritt des Bundeswehr-Reservisten Björn Schreiber, der vom Leid vieler Einsatzveteranen und ihren Traumata nach den Einsätzen in aller Welt berichtete. Er warb eindringlich dafür, dass Politik und Gesellschaft die jungen Männer und Frauen, die mit ihrem Leben für Deutschland einstehen, nicht im Stich lassen dürfen. Oliver Maksan, Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung „Die Tagespost“, sieht die christlichen Kirchen in Deutschland – absolut zu recht – gefangen in der „Mainstreamfalle“.

Zum Abschluss des offiziellen Teils schilderte Patrick Minar von der ÖVP, wie die Zusammenarbeit zwischen seiner Partei und der FPÖ in Österreich funktioniert. Ein Thema, das viele Konservative in Deutschland brennend interessiert, seit Sebastian Kurz die Alpenrepublik rockt. Minar berichtete, dass die Regierung in Wien stabil sei und viele wichtige Themen in kurzer Zeit angepackt habe. Aber er räumte auch mit der Mär vom Erdrutschsieg auf. „Österreich hatte fast immer eine bürgerlich-konservative Mehrheit“, sagte er. Dass ÖVP und FPÖ jetzt 12,5 Prozent hinzugewinnen konnten, hänge hauptsächlich damit zusammen, dass sich mit dem Team Stronach und der BZÖ zwei bürgerlich Parteien mit zusammen 10 Prozent Stimmenanteil vor der Wahl aufgelöst hatten.

Bevor dann die lange Nacht der konservativen Avantgarde an den Biertischen in Paderborn begann, verkündete der Veranstalter noch im Stile der Olympia-Entscheidungen Ort und Datum des nächsten Treffens. Die 4. Vollversammlung der wahren Schwarmintelligenz wird am 24. August 2019 stattfinden. Dann in der Hauptstadt Berlin.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Eröffnungsrede_2: alexander hein

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