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«Achterbahnfahrt der Gefühle»: Köln in der Relegation

von HOLGER SCHMIDT

Nach dem ersten von drei Nervenspielen gegen den siebten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga hatten die Profis des 1. FC Köln Mühe, ihre Gefühle einzuordnen.

«Das war eine Achterbahnfahrt der Gefühle», sagte Torhüter Timo Horn, gebürtiger Kölner und seit 19 Jahren im Verein. Als Sebastian Bornaauw beim 1:0 (0:0) gegen Absteiger FC Schalke 04 vier Minuten vor dem Ende das erlösende Siegtor köpfte, raste der 28-Jährige erlöst über das gesamte Feld. «Ich bin da hinten fast verzweifelt. Und dann fällt doch einiges von einem ab», sagte er.

Das Tor des belgischen Nationalspielers Bornaauw bewahrte die Kölner noch nicht vor dem siebten Abstieg in 23 Jahren. Es sicherte aber den Sprung vom vorletzten auf den 16. Platz und damit die Zusatzchance in der Relegation am Mittwoch und Samstag. «Man weiß nicht genau, wie man mit der Gefühlslage umgehen soll», gestand Ex-Nationalspieler Jonas Hector, der als Kapitän eindrucksvoll voranging, aber auch viele Chancen vergab: «Einerseits ist man happy. Andererseits hätte man es gerne direkt geschafft. Jetzt haben wir zwei Extra-Spiele und müssen die Situation annehmen.»

Sportchef Horst Heldt, um dessen mögliche Ablösung mindestens im Fall des Abstiegs es unwidersprochene Gerüchte gibt, gab eine positive Herangehensweise vor. «Jetzt müssen wir noch eine Extra-Runde drehen. Aber wir sollten das als Chance sehen», sagte Heldt und betonte: «Ich bin erleichtert, dass wir diese Chance haben. Und wir sind der Bundesligist.»

Trainer Friedhelm Funkel (67), dessen Retter-Mission vor der endgültigen Rente mit zehn Punkten aus sechs Spielen bisher gut verlief, gab der Mannschaft für Sonntag erst mal frei. «Wir waren jetzt zwölf Tage im Quarantäne-Trainingslager zusammen. Da sind wir froh, wenn wir uns mal 24 Stunden nicht sehen», sagte er mit einem Schmunzeln.

Wer in der 2. Liga der Relegationsgegner wird, wird er aber natürlich genau verfolgen. «Man kann nicht sagen, wer leichter oder schwerer wäre. Aber wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann möchte ich nicht gegen Bochum spielen», sagte Funkel und fügte an: «Ich hatte dort eine sehr, sehr schöne Vergangenheit, kenne noch viele im Trainer-Stab und im physischen Bereich, deshalb möchte ich das nach Möglichkeit nicht.»

Funkel trainierte die Bochumer von Juli 2010 bis September 2011 und scheiterte in seiner bisher einzigen Relegation als Zweitligist gegen Borussia Mönchengladbach am Aufstieg. Die Bochumer gehen als Tabellenführer in den letzten Spieltag am Sonntag, könnten aber theoretisch noch auf den dritten Platz hinter Holstein Kiel und SpVgg Greuther Fürth abrutschen.

Kölns Partie gegen die nun als schlechtester Absteiger seit Einführung der Drei-Punkte-Regel in die Bundesliga-Geschichte eingehenden Schalker war Abstiegskampf pur. Rivale Bremen lag früh hoch zurück und machte das Tor zur Rettung auf, Bielefeld versperrte mit der Führung in Stuttgart bald den Weg zu Platz 15. Doch der FC brauchte dringend einen eigenen Sieg. Und spätestens als ein Tor von Sebastian Andersson (71.) nach minutenlangem Video-Studium wegen einer kaum sichtbaren Abseitsstellung von Salih Özcan und das Blocken eines Schalkers aberkannt wurde, schien sich viel gegen die Kölner verschworen zu haben. Am Schluss blieb ihnen eine bittere Pointe erspart, als der überragende Schalker Torhüter Ralf Fährmann nach einem Eckball in der Nachspielzeit knapp daneben köpfte.

Überschattet wurde das Spiel von Ausschreitungen vor der leeren Arena, bei denen mehrere Personen verletzt wurden. Bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Fans kurz vor Spielende erlitten Beteiligte beider Lager Platzwunden, Schnittverletzungen und Knalltraumata. Ein Journalist wurde durch Schläge und Tritte von einem Angreifer verletzt.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • 1. FC Köln – FC Schalke 04: dpa

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