Wirtschaft, Politik und Leben in Nordrhein-Westfalen

MENÜ
MENÜ

Cartoonist Mordillo in Oberhausen: Die Dinge mit Humor nehmen

von HELGE TOBEN

Oberhausen – Kann man existenzielle Fragen und Probleme ohne Worte in einem Cartoon darstellen? Die Antwort gibt der gebürtige Argentinier Guillermo Mordillo seit vielen Jahrzehnten.

Fast immer mit einem liebevollen Augenzwinkern platziert der 85-Jährige seine knollennasigen Figuren in surrealen Welten – und spiegelt dabei treffsicher das Empfinden und die Erfahrungen der Betrachter.

Einen Einblick in sein Gesamtwerk bietet eine Ausstellung in der Ludwig Galerie Oberhausen. Vom 24. September bis zum 7. Januar sind dort mehr als 150 Originale sowie rund 50 Drucke aus allen Perioden seines Schaffens zu sehen. Der Titel der Schau ist ein Zitat Mordillos über sich selbst: «The Very Optimistic Pessimist» – der sehr optimistische Pessimist.

Viele Werke des Argentiniers sind Einbild-Witze. Etwa die steil aus dem Meer aufragende Insel, auf der sich nur ein Fußballfeld befindet. Die Spieler schauen den Abhang hinunter, der Ball liegt tief unten im Wasser. Oder das schwer verliebte Paar: eine Giraffe und ein Elefant. Dahinter läuft eine genervt dreinschauende Giraffe, die sich einen Elefantenrüssel umgebunden hat, um dem Artgenossen zu gefallen – vergebens.

«Er sieht die Welt mit Humor», sagt Galerie-Direktorin Christine Vogt. «Es ist seine Art, mit den vielen Bedrohungen umzugehen.» Und mit den alltäglichen Realitäten: Ein Cartoon zeigt eine Menschenpyramide aus Artisten, die auf der Hand einer Frau stehen. Mit der anderen Hand bügelt sie gerade, mit einem Fuß schaukelt sie einen Kinderwagen.

Aber Mordillo kann auch poetisch: Vor einem tiefschwarzen Universum steht ein Mann mit Ringelshirt und Hut auf einem klitzekleinen Planeten und schaut ratlos nach oben. In der Hand hält er ein brennendes Streichholz – ein Zeichen der Hoffnung? Oder die Riesen-Sanduhr, dessen Sand schon fast durchgelaufen ist. Im oberen Teil der Uhr sitzt ein Liebespaar am Strand und blickt zum Horizont. Ach, wenn das Schöne doch nicht immer so vergänglich wäre.

Politisch wird der 85-Jährige, wenn er die Freiheitsstatue in Sträflingskleidung zeichnet – eine Anspielung auf die hohe Zahl Inhaftierter in den USA. Oder bei einer mittelalterlichen Galgenszene, bei der der Delinquent noch ein Selfie mit dem Henker macht. Im nächsten Bild gehen die beiden dann Arm in Arm vom Galgen weg und schauen gemeinsam auf das Handy.

Als seine «politischste Zeichnung» bezeichnet der Cartoonist ein Bild, auf dem ein Mann von der Polizei abgeführt wird. Er hat gerade sein Haus rosa-rot angestrichen – alle anderen Häuser sind einheitlich grau. «Später merkte ich, dass ich eine Anklage gegen totalitäre Systeme formuliert hatte», sagte er dazu in einem Interview.

Von Kindesbeinen an wollte der in Buenos Aires geborene Künstler Trickfilmzeichner werden – inspiriert von Walt Disney-Filmen. Seine ersten Gehversuche als Comiczeichner unternimmt er schon im Alter von 13 Jahren. Über Lima geht es nach 1960 nach New York, wo er als Trickfilmzeichner bei Paramount Pictures arbeitet. Mitte der 60er Jahre landet Mordillo dann in Paris, gestaltet Grußkarten, macht sich selbstständig und schafft schließlich den internationalen Durchbruch.

Mittlerweile lebt und arbeitet der 85-Jährige vor allem in Monaco, sagt Galerie-Direktorin Vogt. Sie und ihr Team haben den Künstler dort im April besucht. «Bis heute zeichnet er täglich», berichtet sie. «Die meisten Ideen hat er, bevor er sich zum Mittagsschläfchen hinlegt.» (dpa)

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Mordillo: dpa

Ähnliche Beiträge