Wirtschaft, Politik und Leben in Nordrhein-Westfalen

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Unklare Regelung bei der Erbschaftsteuer nachteilig für Unternehmen

In Nordrhein-Westfalen gibt es rund 750.000 kleine und mittelständische Unternehmen, ein überwältigender Teil davon befindet sich in Familienhand. Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Christopher Riedel kritisiert, dass deren Planungen bei der Nachfolge aufgrund des holperigen Gesetzgebungsverfahren zur Erbschaftsteuer erschwert werden.

Fachkräftemangel, Globalisierung, Digitalisierung, erneuerbare Energien etc.: Das sind Themen, die die deutsche Wirtschaft bewegen und die die Öffentlichkeit kennt. Zur Unterstützung der Unternehmen werden Programme entwickelt und Expertenrunden eingesetzt, und Medien, Politik und Gesellschaft diskutieren diese Zukunftsfragen. „Ein Thema kommt aber regelmäßig zu kurz, nämlich das der Unternehmensnachfolge. Bundesweit stehen laut Institut für Mittelforschung in Bonn rund 70.000 Unternehmen jedes Jahr durchschnittlich zur Übergabe an – mit insgesamt rund 678.000 Beschäftigten. Dies wird aber meines Erachtens nicht ausreichend beachtet, und viele Senior-Unternehmer haben Schwierigkeiten, einen Nachfolger für den Betrieb zu finden. Das gilt insbesondere in einem Land wie Nordrhein-Westfalen, das von zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen geprägt ist, die sich zu einem überwältigenden Anteil in Familienhand befinden“, sagt Dr. Christopher Riedel, Rechtsanwalt in eigener Praxis in Düsseldorf (www.christopherriedel.de) und seit Jahren Berater und Begleiter von Unternehmerfamilien bei der rechtssicheren und strategisch sinnvollen Strukturierung von Unternehmens- und Vermögensübertragungen.

Mittelständler als Rückgrat der Wirtschaft

Rund 750.000 solcher kleinen und mittleren Unternehmen gibt es laut dem Institut für Mittelstandsforschung in Nordrhein-Westfalen. Auf diese entfielen bereits 2012 33,3 Prozent aller steuerbaren Umsätze aus Lieferungen und Leistungen und 55,2 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. „Diese Unternehmen bilden das Rückgrat der Wirtschaft hierzulande. Aber die Inhaber stehen häufig vor unklaren Zukunftsaussichten und können nicht vernünftig planen“, kritisiert der Rechtsanwalt. Insbesondere nennt er dabei die Diskussion um die Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Das bislang geltende Recht, das unter bestimmten Bedingungen Steuerverschonungen bei der Übergabe von Betriebsvermögen vorsieht, war vor einem Jahr vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden. Die Karlsruher Richter hatten den Gesetzgeber aufgefordert, bis spätestens 30. Juni 2016 ein verfassungskonformes Gesetz vorzulegen.

„Es ist nur noch ein halbes Jahr Zeit, um diese Frist einzuhalten. Aber der Gesetzgeber hat – trotz zunächst gezeigtem Aktionismus – immer noch keine klare Linie erkennen lassen, wo die Reise tatsächlich hingehen soll. Im Sommer sah es so noch so aus, als würde das Kabinett der Linie des Finanzministeriums folgen und die Möglichkeiten zur steuerschonenden Übertragung reduzieren und dies auch noch in diesem Jahr durchs gesamte Gesetzgebungsverfahren bringen. Das hat sich aber dann im Herbst in Wohlgefallen aufgelöst. Zum Glück. Denn das vorgeschlagene Konzept wäre für die Betroffenen mit unglaublichem administrativem Aufwand verbunden“, beschreibt Dr. Christopher Riedel die aktuelle Situation.

Neuregelungen der Erbschaftsteuer quantifizieren

Die Regierungsfraktionen haben im vergangenen Monat das Bundesfinanzministerium damit beauftragt, verschiedene Varianten zur Neuregelung der Erbschaftsteuer zu quantifizieren. „Das rührt daher, dass der Entwurf von Wolfgang Schäuble mehr oder weniger ausschließlich darauf abzielte, den Vorgaben der Verfassungsrichter gerecht zu werden. Das war aber offenbar nicht die Vorstellung der Länder und der SPD.“

Im Kern fordern die Regierungsfraktionen Bewertungen des Bundesfinanzministeriums zu Niedrigtarif- beziehungsweise sogenannten Flat-Tax-Modellen. Das soll mehrere Vorgaben erfüllen, erläutert Christopher Riedel, der das Verfahren sehr detailliert beobachtet. „Es geht dem Gesetzgeber im Kern darum, an Unternehmensübertragungen finanziell beteiligt zu werden, gleichzeitig aberDr. Christopher RiedelQuelle: Dr. Christopher Riedel Rechtssicherheit herzustellen und bürokratische Hürden abzubauen. Die Verfahren sollen vereinfacht werden oder wie es in einem der kursierenden Eckpunkte-Papiere heißt: ‚Ziel ist ein einheitlicher Steuersatz für die Vererbung von Privatvermögen und Unternehmensvermögen mit möglichst wenigen Ausnahmen.'“

Was aber wirklich letztlich herauskommen werde, dafür gebe es bislang keine klaren Anzeichen. Deshalb rät Dr. Christopher Riedel dazu, den verbleibenden Zeitkorridor auszunutzen, um noch in den Genuss der steuerlichen Vergünstigungen zu kommen. „Wer bereits ein übergabereifes Unternehmen und einen familiären Nachfolger hat, sollte keine Zeit mehr verlieren. Natürlich sollte nichts übereilt werden, eine zu frühe Übertragung nur aus steuerlichen Gründen ergibt kaum Sinn. Aber wenn die Situation es zulässt, ist eine strategische Gestaltung nach aktuell geltendem Recht das Gebot der Stunde.“

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Dr. Christopher Riedel: Dr. Christopher Riedel

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