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Abendhimmel über Köln

Transparenz ist das Mittel gegen Korruption

Klüngeln ist eigentlich eine gute Sache. Da helfen sich zwei gegenseitig, weil sie sich kennen, und sie schädigen damit niemanden. Das gibt es nicht nur in Köln, sondern überall an Rhein und Ruhr. Und das ist auch gut so. Es ist sogar ein raffiniertes Rezept für demokratische Politik.

Man kommuniziert, lernt sich kennen, schätzen und einschätzen – und schon ist der Austausch verschiedener Interessen gewährleistet. In der Praxis aber ist diese Haltung äußerst anfällig für Korruption, selbst wenn diese nicht immer auch strafrechtlich zu fassen ist. Zu dieser unfassbaren Art des negativen Klüngels gehört zum Beispiel die organisierte Unverantwortlichkeit, wie sie jüngst beim Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln bekannt geworden ist.

Das Desaster hat die Kölner CDU ihren Oberbürgermeister gekostet, der nach Problemen beim Krisenmanagement seine erneute Kandidatur zurückzog: Keine schöne Situation für die skandalgebeutelte Partei in der größten Stadt Nordrhein- Westfalens. Schließlich steckt sie noch mitten in einer Affäre um umstrittene Beraterverträge. Dabei waren zwei CDU-Politiker von ihren Ämtern zurückgetreten, nachdem bekannt geworden war, dass sie womöglich nichts oder zu wenig dafür geleistet hatten, um hohe Summen von Sparkassenfirmen zu kassieren.

Ob Politiker Geld fürs Nichts- oder Wenigtun bekommen, ob sie sich gegenseitig Posten und Pöstchen bei kommunalen Firmen zuschustern oder ob sie illegale Spenden annehmen oder auf Kosten der Steuerzahler Lustreisen unternehmen – immer wieder gerät eine ganze Klasse in Verruf, die doch eigentlich Politik in unser aller Namen machen sollte. Schwarze Schafe demolieren den Ruf der Demokratie, weil sie Klüngeln mit Kungeln verwechseln.

Wie will man da noch Kandidaten gewinnen, die sich fachkundig und aufrichtig im vermeintlich schmutzigen Geschäft der Politik engagieren? Demokratische Politik lebt nicht nur von offiziellen Strukturen und formalen Verhandlungsrunden, sondern auch von der Offenheit gegenüber Bürgern und der Vorbereitung von Entscheidungen im Hinterzimmer. Das müssen wir akzeptieren, aber wir müssen auch Stützen ins Gebälk politischer Entscheidungsfindung einziehen, die uns vor systemschädlicher Selbstbedienungs- Mentalität schützen.

Transparenz heißt dafür das Zauberwort, und der NRW-Landtag hat mit seinem Anti-Korruptionsgesetz dazu bereits einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Dem müssen weitere Bemühungen folgen, auch wenn es den Politikern und ihren Parteien weh tut. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hat in seinem Buch „Dinosaurier der Demokratie“ ganz richtig festgestellt, dass Parteien ihre Einflussbereiche stetig ausgeweitet haben. Nicht nur in Staat und Verwaltung, auch in Vereinen, Unternehmen und Beiräten gelte, so Rüttgers: „Wo öffentliche Ämter zu besetzen waren, die Gunst der Bürger winkte oder Fragen von öffentlichem Interesse zur Entscheidung anstanden, waren die Parteien zur Stelle.“ Er plädiert für einen „Rückzug“ der Politiker, um die Parteienkrise zu überwinden.

Vor allem bei der Verquickung von Mandat und Postengeschacher in öffentlichen Unternehmen spielt das eine gewichtige Rolle. Niemand wird dort ernsthaft die vermeintlichen Kontrolleure vermissen, die sich quasi selbst in die Aufsichtsräte wählen. Manche spielen bar jeglicher Sachkenntnis den strengen Prüfer, der gewiefte Manager im Auge behalten will. Diese Selbstüberschätzung schadet dem Ruf der Politik. Jeder Hundehalter, der einen Vierbeiner einer gefährlichen Rasse halten will, muss heute dafür einen Sachkundenachweis erbringen. Wer jedoch im öffentlichen Auftrag Firmen überwachen soll, darf das in aller Ahnungslosigkeit. Bei den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) sind den politischen Kontrolleuren zwar Informationen über frühere Probleme an der Baustelle vorenthalten worden – hätten sie aber im Herbst 2008 bereits von einem „hydraulischen Grundbruch“ in der neu gegrabenen U-Bahnröhre erfahren, hätte das wohl niemand verstanden. Die Lösung wären verpflichtende Qualifizierungskurse mit Zertifikat! Nur wo Profis am Werk sind, können die Bürger ihnen wieder Vertrauen schenken.

Dieses Vertrauen wird auch dann verspielt, wenn Verträge über Beratungsdienstleistungen intransparent an aktuelle oder frühere Volksvertreter vergeben werden. „Dankeschön-Spenden“ kassierte die Kölner SPD beim Bau der kommunalen Müllverbrennungsanlage faktisch als politisches Bestechungsgeld. Beraterverträge stehen in der Gefahr, als Gabe für verdiente Politiker missbraucht zu werden. Deshalb dürfen sie nicht mehr wie in Köln in aller Heimlichkeit geschlossen werden. Es ist tatsächlich nichts Ehrenrühriges daran, wenn aufrichtige Experten von der kommunalpolitischen Bühne in Beratertätigkeiten wechseln oder sie vielleicht sogar parallel ausüben. Dann aber sollten sie das nicht hinter den Kulissen verschleiern, sondern aufrichtig dazu stehen und das auch öffentlich kommunizieren (lassen).

Der Kölner Klüngel als grundsätzliche Attitüde wird eben auch erst gefährlich, wenn er als Rechtfertigung für unsoziales Verhalten missbraucht wird. Wenn die Beziehungsgeflechte jedoch für Außenstehende undurchsichtig werden, ist der Korruption Tür und Tor geöffnet. Für die Ermittler von Polizei und Staatsanwaltschaften ist diese Gratwanderung manchmal schwierig zu durchschauen. Das liegt zum einen daran, dass sie gegen professionelle Kungel- Brüder (und –Schwestern) mit stumpfen Waffen kämpfen: Sie sind zu wenige und haben oft nicht die zeitliche und technische Möglichkeit, die „Korruptionsethik“ nachzuvollziehen, die hinter korruptem Verhalten in der Politik steht. Zum anderen verjähren Delikte der Bestechung, Vorteilsannahme oder Untreue viel zu schnell. Wer bei der Steuererklärung schummelt, wird zehn Jahre lang strafrechtlich verfolgt, während Käuflichkeit in der Politik nach nur fünf Jahren keine Rolle mehr spielt.

Aufgabe einer modernen (Politik-) Wissenschaft muss es sein, diese Ethik der Korruption offen zu legen. Wie kriminelles oder zumindest moralisch angreifbares Verhalten mit pseudo-demokratischen Schutzbehauptungen verklausuliert wird, steht bisher auf kaum einem Lehrplan. Das können Politiker, Manager und Ermittler nur durch Lebenspraxis erarbeiten – mit der Gefahr, selbst in die verführerische Grauzone oder gar in den strafbaren Bereich illegaler Machenschaften zu geraten.

Wenn zwei sich helfen, ist das eben nicht immer das Gleiche. Wer wie in einem dubiosen Hütchenspiel die Interessen der Bürger verrät, oder auch nur in den Verdacht gerät das zu tun, muss sich der öffentlichen Diskussion darüber stellen. Die Parteien müssen vom hohen Ross vorgespielter Geschlossenheit und gemeinter Verschlossenheit herunter kommen und eine neue Streitkultur entwickeln, damit unser Gemeinwesen wieder mehr Akzeptanz bei den Bürgern gewinnt. Das nutzt auch den Politikern. Denn das, was sie für uns leisten, muss nicht das viel zitierte „schmutzige Geschäft“ sein, sondern ist ein Dienst für uns alle: Und eben kein Selbstbedienungsladen für Vertreter in eigener Sache!

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Abendhimmel über Köln: NRW.jetzt

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