Prozessauftakt: Was für Monster leben unter uns?
von KLAUS KELLE
Paderborn – Schwerste Misshandlungen, man kann mit Fug und Recht von Folter sprechen, und zwei tote Frauen – darum geht es heute in einem bundesweit aufsehenerregenden Prozeß vor dem Landgericht Paderborn. Ein geschiedenes Paar ist angeklagt, über Kontaktanzeigen alleinstehende Frauen „für eine gemeinsame Zukunft“ in ihr Haus in Höxter-Bosseborn gelockt und als Sklaven gehalten zu haben. Mehr als 3.000 Seiten umfassen die Akten der Staatsanwaltschaft. Was dort zusammengetragen worden ist, liest sich wie der blanke Horror. Von körperlichen Misshandlungen ist da die Rede, von ständigen Erniedrigungen, schlafen mussten die Frauen nackt und angekettet an einer Badewanne oder im Keller, sie seien gezwungen worden, seinen Urin zu trinken und weitere Widerwärtigkeiten. Im Haus fielen im Angesicht der sterbenden Opfer Sätze wie „die ersäuft jetzt“ oder „ich glaube, die nippelt ab“.
Was diesen Fall so aufsehenerregend macht, ist die offenbar völlige empathielosigkeit, die sich in den Taten manifestiert, keinerlei Mitgefühl im Angesicht des Leides. Fast ist man an den amwrikanischen Horrorfilm „Texas Chain Saw Massacre“ aus dem Jahr 1974 erinnert, die vielleicht furchtbarste Horrorstreifen der Filmgeschichte, wo eine Gruppe junger Leute in die Hände psychopatischer Schlachter fällt, die ohne jede Gefühlsregung allerdings mit einer Kettensäge ihr blutiges Werk verrichtet. So dramatisch war es in der ostwestfälischen Provinz dann doch nicht. Doch es ist unübersehbar, dass immer häufiger offenbar gefühlslose Täter auch in Deutschland ihr Werk verrichten. So wie jüngst in Hamburg, wo eine Gruppe Männer ein junges Mädchen nacheinander vergewaltigten und eine 14-Jährige das Grauen mit dem Handy ungerührt filmte. Wie verroht muss man aufgewachsen sein, um so etwas zu tun? Oder ein Fall vor einigen Jahren, wo ein Berlin ein Paar ihre fünfjährige Tochter in einem Vogelkäfig gefangen hielt und sie zwang, ihre Exkremente zu essen. Oder am vergangenen Wochenende ein Fall aus Viersen am Niederrhein, wo ein „Vater“ den fünfjährigen Luca zu Tode geschlagen und getreten hat. Was für Monster leben unter uns? Warum findet so etwas in unserer Gesellschaft immer häufiger statt?
Das Urteil im Fall aus Höxter wird im März kommenden Jahres erwartet. Beiden Angeklagten droht eine lebenslange Freiheitsstrafe, möglicherweise mit anschließender Sicherheitsverwahrung. Die Frage aber, was für Psychopathen unter uns leben, bleibt unbeantwortet.
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