Pflichtteilsansprüche: Unternehmensnachfolge nicht gefährden
Oftmals soll nur ein Kind das Unternehmen übernehmen. Das wiederum führt mitunter zu Pflichtteilsansprüchen des oder der anderen Erben. Um substanzielle Vermögensschäden zu vermeiden, brauchen Unternehmer eine rechtssichere Strategie.
Es ist alles geplant: Nach vielen Jahren an der Spitze möchte der Unternehmer seine Firma an seinen Nachfolger übertragen. Sohn oder Tochter sind auch schon länger im Betrieb tätig, kennen die Mitarbeiter und die Kunden und sind auch persönlich geeignet, das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft zu führen.
Aber was passiert, wenn der Unternehmer mehrere Kinder hat, von denen eben nur eines die Firma weiterführen kann oder soll? „Dann können Pflichtteils- beziehungsweise Pflichtteilsergänzungsansprüche der übergangenen Kinder drohen. Das gilt jedenfalls dann, wenn für die Anteile am Unternehmen kein angemessener wirtschaftlicher Ausgleich geleistet wird. Denn wer von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist oder weniger als seinen gesetzlichen Erbteil erhält, kann sich auf seinen Pflichtteil berufen. Dieser besteht von Gesetzes wegen in einem Geldanspruch in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Er hängt also von der Erbquote sowie vom Wert des pflichtteilsrelevanten Nachlasses ab. Die Höhe ist dementsprechend von Fall zu Fall unterschiedlich und muss jeweils individuell errechnet werden“, sagt Düsseldorfer Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Christopher Riedel, Fachanwalt für Steuerrecht. Er berät seine Mandanten bei der Strukturierung im gesamten Erbrecht mit einem Fokus auf der Strukturierung komplexer Vermögensnachfolgen; einen Schwerpunkt von Christopher Riedel bilden Fragen des Pflichtteilsrechts.
Pflichtteilsansprüche können schnell zu substanziellen Vermögensschäden führen, warnt Christopher Riedel – natürlich auch im Handwerk. „Ein besonderes Risiko ergibt sich daraus, dass Pflichtteilsansprüche Geldansprüche sind. Das bedeutet, dass der Unternehmensnachfolger seine Geschwister in bar auszahlen muss, wenn keine anderweitigen Regelungen getroffen worden sind.“ Will heißen: Wird beispielsweise ein Unternehmen mit einem Wert von einer Million Euro vom verwitweten Vater an eine von zwei Töchtern übergeben, steht der übergangene Tochter möglicherwiese (soweit sie nicht anders Vermögen erhält) ein Pflichtteil von 25 Prozent zu – also 250.000 Euro. „Ist dieses Geld nicht in bar vorhanden, kann das dazu führen, dass Unternehmensanteile veräußert werden müssen. Diese Gefahr gilt es bestmöglich auszuschließen.“ Zumal oftmals auch wesentlich höhere Unternehmenswerte vorhanden sind, wodurch die Pflichtteilsansprüche weiter wachsen.
Interessen aller Erben miteinander in Einklang bringen
Joachim Köllmann, Partner der Steuerberatungskanzlei Schnitzler & Partner aus Mönchengladbach, berät aktuell mehrere Unternehmerfamilien bei der Gestaltung der Nachfolge. Er sagt: „Es ist wichtig, einen Pflichtteilsanspruch der anderen Erben im Rahmen der Unternehmensübertragung zu verhindern. Dafür braucht es eine langfristige Planung und strategische Gestaltung, die in der Regel einen hohen menschlich-emotionalen Faktor besitzt. Im Mittelpunkt steht, dass der Handwerksunternehmer bei der Gestaltung die Interessen aller Erben miteinander in Einklang bringt. Dann lässt sich auch eine Lösung finden.“
Oftmals sei es eine praktikable Lösung, das Substanzvermögen an alle Erben zu verteilen und das Unternehmensvermögen nur einem Nachfolger zu übertragen. „Zum Substanzvermögen gehören beispielsweise Grundstücke und Immobilien. Diese lassen sich gut vom unternehmerischen Vermögen trennen und auf die Erben aufteilen. So partizipieren alle von der Erbmasse, und es lassen sich Streitigkeiten vermeiden.“ Hierbei könne ein partieller Pflichtteilsverzicht der anderen Erben sinnvoll sein, um spätere Ansprüche zu vermeiden, weiß Joachim Köllmann aus der Praxis. „Dies gilt es frühzeitig zu planen und somit strategisch und rechtlich abzusichern. Wenn der Erbfall erst einmal eingetreten ist, lässt sich in der Regel nichts mehr gestalten.“
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