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Nachlassplanung: Neue Entwicklungen beachten

Der Düsseldorfer Fachanwalt für Familien- und Erbrecht Jens Gartung aus der Wirtschaftskanzlei Schröder Fischer (www.schroederfischer.de) berät Unternehmer und Privatleute bei der strategischen und rechtssicheren Gestaltung der Vermögensübertragung. Er weist auf zwei aktuelle Themen hin, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

Herr Gartung, das Jahr ist bald zu Ende. Was ist im Erbrecht Neues passiert?

Jens Gartung: Zum einen steht natürlich die Debatte um die Neuregelung der Erbschaftsteuer bei der Unternehmensübertragung im Mittelpunkt. Da gibt es jedoch bislang keine wirklichen Fortschritte, und außerdem betrifft das Thema natürlich nur einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung. Viel eher sind da schon die Europäische Erbschaftsverordnung und ein Urteil des Bundesgerichtshofes zur Bezugsberechtigung bei Lebensversicherungen wichtig.

Die Europäische Union hat ein neues Regelwerk auf den Weg gebracht?

Jens Gartung: Ja, der Gesetzgeber will mit der Europäischen Erbschaftsverordnung erreichen, dass Erben in der EU grundsätzlich geregelt wird. Die Verordnung legt fest, welches nationale Erbrecht anzuwenden ist, wenn Vermögen in mehreren EU-Staaten zu vererben ist. Immerhin lebten 2014 knapp 226.000 deutsche Rentner komplett im Ausland, viele andere teilweise, Tendenz steigend.

Und welches wäre das?

Jens Gartung: Dafür kommt es auf den letzten Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes an. Will heißen: Lebt ein Deutscher mehr oder weniger dauerhaft in Italien und verstirbt dort, kommt italienisches Erbrecht zur Anwendung. Ist sein Lebensmittelpunkt aber Deutschland und er verstirbt in seinem jährlichen Winterurlaub in Südtirol, bleibt es bei deutschem Erbrecht.

Das soll vermutlich Erbfälle mit EU-Bezug erleichtern, richtig?

Jens Gartung: Genau, die Idee dahinter ist: ein Erbfall, ein Gericht, ein Recht, ein Europäisches Nachlasszeugnis. Ein Erbfall soll also im Prinzip vor den Gerichten nur eines Staates nach dem dort geltenden Recht abgewickelt werden. Das soll Verfahren verschlanken.

Nun hat so gut wie jedes Gesetz eine Schwachstelle. Wo liegt diese bei der Europäischen Erbschaftsverordnung?

Jens Gartung: Es gilt in solchen Fällen vermutlich unbekanntes Erbrecht, ob italienisches, spanisches, französisches oder welches auch immer. Das kann sich auf die gesetzliche Erbfolge oder auch Pflichtteilansprüche auswirken. Deutsche, die dauerhaft im Ausland ziehen, sollten dieses neue Gesetz deshalb dringend in ihre Nachlassplanung einbeziehen – und im Zweifel von ihrem Recht Gebrauch machen, testamentarisch festzusetzen, dass in jedem Falle deutsches Erbrecht angewendet werden soll. Diese Option hat die EU geschaffen.

Und was hat es mit der Bezugsberechtigung bei Lebensversicherungen auf sich?

Jens Gartung: Der Inhaber einer Lebensversicherung hatte in der Vergangenheit seine Ehefrau als Bezugsberechtigte im Falle seines Todes für die Versicherungs-Police eingesetzt. Nach seiner Scheidung wies er die Versicherung mündlich an, seine neue Frau als Bezugsberechtigte einzusetzen. Dies war nicht gültig, hat der Bundesgerichtshof jetzt nach Eintritt des Erbfalles festgestellt, seine Ex-Frau ist weiterhin die Bezugsberechtigte.

Was heißt das genau?

Jens Gartung: Kurz gesagt bedeutet dieses Urteil, dass zur Nachlassplanung immer auch gehört, seine Versicherungs-Policen im Blick zu haben. Erbrecht ist dem Versicherungsrecht untergeordnet, die Einsetzung der „Ehefrau“ als Bezugsberechtigte im Erbfall bezieht sich auf die Ehefrau zum Zeitpunkt der schriftlichen Anweisung. Das mag seltsam klingen, aber wer dies nicht beachtet, dessen Erben können eine böse Überraschung erleben. Dieses Urteil hat Auswirkungen auf viele Menschen, denn im Schnitt hat jeder Deutsche eine Lebensversicherung, manche auch zwei.

Was hätte denn der Versicherungsnehmer tun können, um diesem Problem zu entgehen?

Jens Gartung: Er hätte die Versicherungsgesellschaft schriftlich über die neue Bezugsberechtigte informieren müssen. Im Zuge einer Testamentsgestaltung und Planung der dereinstigen Vermögensübertragung wird aber auch der Rechtsanwalt über solche Punkte aufklären.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Schröder Fischer – Jens Gartung: Schröder Fischer

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