Die Bonner Republik diskutierte über etablierte Kirchenpresse: „Maximaler Anschluss an den Mainstream“
von KLAUS KELLE
Bonn- Wenn Pater Wolfgang Ockenfels zwei Mal im Jahr ins Hostel Bristol zum Meinungsaustausch auf höchstem Niveau einlädt, dann trifft sich dort regelmäßig auch die alte Bonner Republik. Hier versammeln sich die Menschen, die am Sonntag einen Gottesdienst besuchen, hier hätte Altkanzler Helmut Kohl auch heute noch eine Mehrheit.
200 von ihnen wollten gestern mehr über die Lage und Perspektiven der 47 christlichen Zeitungen in Deutschland erfahren. Gastgeber Ockenfels stimmte höchst melancholisch ein, als er den Niedergang der Tagespresse beschrieb, umd dann den „wunderbaren Duft beim Aufblättern einer Tageszeitung“ zu würdigen. Ganz so romantisch ging es nicht weiter, denn Oliver Maksan, Chef der katholischen Wochenzeitung Die Tagespost beschrieb die „quantitativen und qualitativen Probleme“, insbesondere der Bistumsblätter in Deutschland, deren Auflage zwischen 1996 und heute von 1,2 Millionen auf 700.000 geschrumpft ist. Bistümer wie Essen haben inzwischen gar keine eigenen Bistumszeitungen mehr. Und der einst überaus angesehene Rheinische Merkur, getragen von den deutschen Bistümern, wurde 2010 eingestellt. Man wollte sich die Millionenverluste vom Hals schaffen. Maksan beschrieb sehr anschaulich, dass die Probleme katholischer Medien analog zu den Problemen der deutschen katholischen Kirche verlaufen – zwischen einer reformorientierten Mehrheit und einer romtreuen Minderheit. Maksan: „Die Medienarbeit der katholischen Kirche ist der maximale Anschluss an den Mainstream.“
Von ähnlichen Erfahrungen berichtete Matthias Pankau, Chefredakteur der Nachrichtenagentur „idea“ nebst Magazin „idea Spektrum“, das sich mit Erfolg vornehmlich an Evangelikale und Freikirchler im Lande richtet. „Print ist nicht tot“, versicherte er und verwies auf die im vergangenen Jahr in Deutschland existierenden 1.596 Zeitschriftentitel, aber auch auf die im Jahr 2016 aus den christlichen Amtskirchen ausgetretenen 352.000 Bürger. Pankau pries den Mehrwert christlicher Medien, die nicht nur Information, sondern auch Orientierung für die Leser bieten. „Interreligiöse Dialog-Träumereien“ der evangelischen Amtskirche (EKD) sieht er skeptisch, verweist stattdessen auf den eindeutigen Missionsauftrag Jesus. Und er hatte auch Erfreuliches zu berichten. Im Jahr 2017 nämlich hatte die EKD beschlossen, den bisher alljährlichen Zuschuss von rund 120.000 Euro aus dem üppigen Millionenetat der Kirche nicht mehr zu zahlen. Zu unbequem ist idea in der evangelischen Familie geworden, die immer mit Gott und diesem Jesus nerven, wo doch Klimawandel ist. Und die nicht einmal die „Ehe“ gleichgeschlechtlicher Paare gut finden.
Inzwischen haben die Abonnenten und Förderer von idea reagiert und die finanzielle Lücke geschlossen. Pankau zitiert aus der Zuschrift eines Abonnenten: „Jetzt seid Ihr endlich wirklich unabhängig…“
Der Kommunikationswissenschaftler Hans Kepplinger wusste zum Schluss zu berichten, dass nur wenige Journalisten in Deutschland einer christlichen Kirche nahestehen. In einer Umfrage hatten sich lediglich zehn Prozent selbst als „gläubig“ eingeordnet. Von der Mainstream-Medien ist wohl kaum Unterstützung zu erwarten…
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- Walberbert_01.05.2018: vers1 medien gmbh