„Von Museumsbesuchern und Tourismus werden wir nicht leben können“
Duisburg hat massive Probleme. Die Zahl der Beschäftigten sinkt ebenso rapide, wie die Stadt gleichzeitig überaltert. Trotz bester Lage und hervorragender Verkehrs-Infrastruktur kommt die Stadt nicht auf die Beine. Ein NRW.jetzt-Gespräch dazu mit dem Sprecher der regionalen Wirtschaft, Heinz Lison.
Herr Lison, Duisburg liegt verkehrstechnisch mindestens so gut wie Düsseldorf. Doch Duisburg gilt als Abstiegskandidat und Düsseldorf als Boomtown. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Der beispiellose Strukturwandel, den Duisburg in den letzten Jahrzehnten erlebt hat, taugt jedenfalls als Ausrede allein nicht mehr. Das Lamentieren über den Niedergang der Schwerindustrie hat niemandem geholfen. Statt nur die Musealisierung der Industrie zu betreiben, hätte man viel früher ein umfassendes Bekenntnis zur modernen, neuen Industrie abgeben soll. Duisburg und das Ruhrgebiet insgesamt haben es versäumt, sich offensiv dem Wettbewerb der Regionen zu stellen. Von Museumsbesuchern und Tourismus allein werden wir nicht leben können. Wahr ist aber leider auch, dass das Unglück bei der „Loveparade“ katastrophale Folgen für das Image Duisburgs hatte und hat. Doch das Image allein ist es nicht. Wir haben auch handfeste Probleme.
Die jungen Leute verlassen Duisburg, die Stadt überaltert und die Zahl der Beschäftigten geht massiv zurück. Was muss aus Sicht der Unternehmerschaft passieren, um diesen Trend zu drehen?
Die Trendwende beginnt zunächst im Kopf. Wir sind in den allermeisten Punkten nicht schlechter als Andere, im Gegenteil. Unsere Standortvorteile müssen wir viel selbstbewusster vortragen. Die strategisch einmalige Lage im Herzen einer Metropolregion, in der Mitte Deutschlands und Europas, ist ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen. Auch der Flughafen Düsseldorf ist ein Argument für Duisburg. Er könnte auch Flughafen Düsseldorf/Duisburg heißen, er ist genauso nah an Duisburg wie an Düsseldorf. Die Verkehrsanbindung zu Lande, zu Wasser und in der Luft ist insgesamt exzellent. Für Investoren aus dem Ausland hat Duisburg viel zu bieten. Die gute Entwicklung unseres Binnenhafens zeigt ja unsere Potenziale. Warum sollten wir uns nach dem Besuch des chinesischen Staatspräsidenten im vergangenen Jahr nicht zutrauen, für China das zu werden, was Düsseldorf für Japan ist. Die Chance ist da. Unsere Defizite müssen wir natürlich auch abstellen. Eine hohe Steuer- und Abgabelast und die mangelnde Kooperationskultur im Revier sehe ich hier an vorderster Stelle.
Gemeinsam mit IHK und Stadt Duisburg arbeiten Sie an einem Masterplan. Haben Sie den Eindruck, dass bei allen Beteiligten ein ausreichendes Problembewusstsein herrscht?
Das Problem ist, dass sich Viele mit der Lage abzufinden scheinen. Der Masterplan-Prozess soll deswegen nicht nur das Bewusstsein für die Herausforderungen schärfen, sondern die Wachstumschancen der Stadt in den Blick nehmen. Warum nicht aus den Schwächen Duisburgs Stärken machen? Tausende Wohnungen stehen in Duisburg leer. In Düsseldorf hingegen ist Raum für Wohnen und Gewerbe oft nicht mehr bezahlbar. Das ist doch eine tolle Basis, um eine Einladung an neue Einwohner und Gründer auszusprechen. Der Masterplan-Prozess allein ist nicht die Lösung. Er bietet jedoch eine Plattform für den Dialog zwischen Wirtschaft und Stadtspitze. Und der Dialog ist, auch wenn er manchmal anstrengend ist, die Basis für gemeinsames Handeln.
Die Probleme Duisburgs sind die Probleme weiter Teile des Ruhrgebiets. Wäre es nicht sinnvoller, einen breiter angelegten Masterplan zu entwickeln?
Völlig richtig! Beides gehört zusammen. Unser Unternehmerverband ist in dieser Hinsicht auch schon aktiv, aber die Kooperationsbereitschaft im Revier ist wie gesagt steigerungsfähig. Statt nur auf die Alimentierung durch Bund und Land zu setzen, sollte sich das Ruhrgebiet seiner Stärken besinnen. Das Bekenntnis zur Industrie und die Chancen, die sich aus der Digitalisierung ergeben sind hier an erster Stelle zu nennen. Im Übrigen: Mit dem neuen RVR-Gesetz hat das Ruhrgebiet jetzt die Chance, bei wichtigen Themen enger zu kooperieren. Jetzt kommt es entscheidend auf die Städte an, diese Chance auch zu nutzen. Wir müssen was draus machen.
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