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Spitzenkandidat Armin Laschet: Mit einer unruhigen Partei lässt sich nicht gut wahlkämpfen

von KLAUS KELLE

Bürgerliche Wähler wünschen sich in einem Wahljahr nichts mehr als zwei Dinge: Klare und verlässliche Aussagen und Geschlossenheit. Wenn man an dieses Konzept glaubt, dürfte die nordrhein-westfälische CDU vor einem eher unerfreulichen Wahlgang im Mai stehen.

Regionalzeitungen hatten berichtet, dass das Wahlprogramm der Union am Samstag deutlich „entschärft“ worden sei. Der Landesvorstand habe sich verständigt, nicht zu deutlich in den Aussagen zu werden, da die Landesregierung andernfalls konkret vorrechnen könne, was die CDU-Pläne den Steuerzahler kosten. Noch peinlicher wirkt die Absage an das von der CDU geplante Internet-Ministerium für NRW. Es sollte ein großer Wurf werden, doch dann fiel den Strategen auf, dass man nicht gleichzeitig Bürokratieabbau fordern kann und dann eine neue Behörde gründen. iIst nicht ganz logisch. Immerhin soll Drogenbesitz stärker bestraft werden. Ein kleines Schmankerl für die Konservativen, die bei der Union in einem Wahljahr immer mal kurz in den Blickpunkt rücken.

Konservative in der soften CDU? Ja, die gibt es noch, oder nennen wir sie Liberal-Konservative, wie sich einige der Wortführer ja auch selbst bezeichnen. Drei Namen werden in Nordrhein-Westfalen und auch zunehmend in der Bundespartei genannt, wenn man bei Gesprächen über die CDU nach Merkel am Tisch sitzt. Jens Spahn, Präsidiumsmitglied der Bundes-CDU aus dem Münsterland, gilt als einer der Unerschrockenen, der sich nicht davor fürchtet, unbequeme Wahrheiten über den Kurs der „modernen Volkspartei der Mitte“ öffentlich auszusprechen. Für die anstehende Bundestagswahl verzichtete er darauf, für einen sicheren Listenplatz zu kandidieren, da er gedenkt, seinen Wahlkreis wieder direkt zu gewinnen. Genannt wird auch der eloquente Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, der Bundestagsabgeordnete Carsten Linnemann aus dem katholischen Paderborn. Ein Verehrer von Ludwig Erhard, wie man jüngst lesen konnte. Und schließlich noch Paul Ziemiak, Vorsitzender der Jungen Union (JU), ohne deren ative Mitglieder die Union kaum noch einen Wahlkampf effektiv führen könnte.

„Wenn Töchter nicht zum Schwimmunterricht dürfen und Frauen ganzkörperverhüllt auf unseren Straßen auftauchen, fühle ich mich nicht bereichert“, wird Jens Spahn in der „Welt“ zitiert. Ziemiak und Linnemann dürften das ähnlich sehen. Als rechten Flügel der Union werden sie sich sicher nicht begreifen, eher als das Gewissen der guten alten CDU, die noch Volkspartei der Mitte war, ohne sich modernistisch geben zu müssen und sich an den Zeitgeist anzubiedern. Und so war auch keiner von den „rebellischen Dreien“ („Welt“) am Samstag dabei, als sich in Königswinter 50 CDUler von verschiedenen sogenannten „Konservativen Kreisen“ aus NRW trafen. Eine ähnliche Veranstaltung gab es zeitgleich auch beim Konservativen Kreis der bayerischen CSU in Wolznach. Dennoch waren Vertreter aus Bayern auch in Königswinter dabei. Vernetzung und Kampagnefähigkeit – das waren die Kernthemen bei beiden Veranstaltungen. Und in Königswinter erschienen auch zwei führende Vertreter des „Berliner Kreises“ in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sylvia Pantel und Dr. Christean Wagner wollten sich an der konservativen Basis direkt einen Eindruck verschaffen, wo es gemeinsame aber auch unterschiedliche Überlegungen gibt. Eine Spaltung der CDU, neue Parteien – das kommt für den Berliner Kreis nicht in Frage, den es schon lange gibt, der aber in jüngster Zeit, da Konservative überall im Blickpunkt des Interesses stehen, eine starke Resonanz in der Union und bei den Medien findet.

Denn auch inhaltlich schärfen die Konservativen in der Union ihr Profil. In Königswinter verständigten sie sich auf Forderungen wie

+ „Wir fordern die Rückkehr zur Einhaltung von Recht und Gesetz sowohl auf europäischer Ebene (Dublin-Verfahren und Schengener Abkommen) als auch auf nationaler Ebene (Art. 16a GG)“

+ „Wir fordern die Einführung einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen. Ein Aufenthaltsrecht für Asylbewerber darf nur für den verfolgten Zeitraum gelten“

+ „Wir fordern eine schnellere Ausweisung von ausländischen Intensivstraftätern und potenziellen Gefährdern unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“

+ „Wir fordern die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft und die Rückkehr zum Staatsangehörigkeitsrecht vor dem Jahr 2000“

Bleibt die Frage, wie die Mutterpartei (darf man das in Gender-Zeiten noch sagen?) mit ihren ungeliebten Konservativen umgeht, von denen all die „Modernisierer“ hofften, sie existierten nicht mehr oder bestensfalls als einsetzbares „Stimmvieh“. Nach aktuellem Stand der Umfragen gibt es nach der Landtagswahl im Mai für NRW ganze zwei mögliche Regierungsbildungen: Rot-Grün-Gelb, was aber FDP-Chef Christian Lindner eindeutig ausgeschlossen hat. Oder eine große Koalition aus SPD – mit Hannelore Kraft weiter an der Spitze – und Armin Laschet sowie der CDU als Juniorpartner. Nicht ausgeschlossen, dass die Strategen aus der Düsseldorfer Wasserstraße genau das anstreben. Erkennbar sucht man das Gespräch mit der innerparteilichen Opposition nur sehr partiell und setzt eher auf Abstrafung, wo das möglich ist. Ob diese Strategie gegen die Aufmüpfigen mittelfristig Erfolg haben wird, scheint mehr als fraglich. Wer Kritik in der Sache mit Liebesentzug beantwortet, dem wir irgendwann selbst die Liebe entzogen. Vom Wähler nämlich.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Armin_Laschet_NRW-CDU: cdu nrw

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