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Kommentar: Weder Polizei noch Medien haben das Recht, uns Bürgern wichtige Informationen vorzuenthalten

von KLAUS KELLE

Bochum – 1.056 Sexualstraftäter stehen in NRW unter besonderer Aufsicht von Polizei und Justiz. Das ergaben jetzt Recherchen der Rheinischen Post. Für Sextäter, die ihre Strafe verbüßt haben, wurde 2010 das Programm „Kurs“ (steht für „Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern“) geschaffen. Dabei werden Wohnungen dieser Leute Überprüft, die Polizei kommt zu sogenannten Gefährderansprachen in deren Wohnung, die Männer werden bisweilen observiert und es wird auch überprüft, ob sie Therapieangebote wahrnehmen.

Und dennoch gibt es keine absolute Sicherheit, wie ein aktueller Fall aus Bochum zeigt. Dort wurde am 18. Februar, einem Mittwoch, eine 33-jährige Frau auf einem Friedhof von einem Mann mit einem Stein bewusstlos geschlagen und vergewaltigt. Das Opfer habe sich später erinnern können, dass der Täter mit einem Taxi weggefahren sei. So konnten die Ermittler den 30-Jährigen auf die Spur kommen und fünf Tage später festnehmen. Er sitzt inzwischen in Haft, dem Opfer geht es psychisch und körperlich sehr schlecht.

Was diesen Fall besonders macht: Auch dieser Vergewaltiger hat eine Vorgeschichte als Sexualstraftäter. Er war im „Kurs“-Programm, seine Sozialprognose war gut, er habe eine feste Partnerin, einen festen Job und gehe regelmäßig zur Therapie. Und jetzt ist er rückfällig geworden, mit schlimmen Folgen für das Opfer. Die Bochumer Polizei hatte sich nach der Vergewaltigung entschieden, den Fall unächst nicht bekannt zu machen – um den Fahndungserfolg nicht zu gefährden, wie es heißt. Aber es liegt nahe, dass man auch nicht die Effektivität des „Kurs“-Programms öffentlich in Frage stellen wollte.

Genau das darf nicht sein, so wie es 2015 und 2016 auch üblich war, dass die Herkunft von Tätern nicht genannt wurde. Damals war das Synonym für Straftäter mit Mitgrationshintergrund immer „junge Männer“ bis zur Silvesternacht 2015 in köln und anderswo, als das Lügen und Vertuschen seitens Behörden und Medien wie eine Seifenblase zerplatzte. Wir leben in einem Rechtsstaat, in einer Demokratie, in der die Bürger das Recht haben, schnell und transparent informiert zu werden, was los ist. Natürlich kann es Ausnahmefälle geben, wo um eines Fahndungserfolges willen, geschwiegen werden muss. Aber das müssen wirklich Ausnahmen sein. Weder Polizei noch Medien haben irgendeinen Auftrag zur Volkserziehung und können darüber entscheiden, was wir einfachen dummen Bürger erfahren dürfen.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Friedhof: pixabay

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