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Ulrike Hüppe

Integrativer Unterricht als Chance im Schulsystem

Dass unser dreigliedriges Schulsystem selektiv ist, daran sind wir längst gewöhnt. Gegen im internationalen Vergleich abfallende Leistungen bilden wir immer homogenere Schülergruppen, sind Klassifizierungsweltmeister.

Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Profilklassen für Hochbegabte, um das PISA-Desaster aufzufangen, E-Schulen für Kinder mit sogenannten sozio-emotionalen Behinderungen, weil unser System auf das Verhalten der nachwachsenden Generation keine Antwort mehr hat. Das zusätzlich mindestens siebengliedrige Sonderschulsystem wird bei der Zählung gar nicht erwähnt. Und genau das wird nun zum Stein des Anstoßes. Die in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention verbietet, Kinder mit Behinderungen weiterhin gegen ihren Willen in Sondereinrichtungen zu schicken, verpflichtet uns zur Bereitstellung eines inklusiven Schulsystems, in dem sie gemeinsam mit allen anderen Altersgenossen in der Schule vor Ort beschult werden.

Im Rest Europas ist das nichts Neues. Die durchschnittliche Integrationsquote liegt bei 78 Prozent, 13 Prozent sind es in NRW. Individuelle Förderung aller Kinder im gemeinsamen Unterricht ist ein Erfolgsmodell. In sozialer Hinsicht sowieso, Social Skills sind gefragt. Der Umgang mit Behinderung wird ebenso selbstverständlich wie die Akzeptanz von Stärken und Schwächen, Verhaltensauffälligkeiten aller Kinder gehen zurück. Jeder erlebt sich als wichtiger Teil des Ganzen, so wie er ist. Die hieraus erwachsenden Ingenieure von Morgen werden nicht vergessen, Barrierefreiheit einzuplanen, Eltern können sich für ihr behindertes Kind entscheiden ohne Angst vor lebenslanger Ausgrenzung. Teilhabe muss man erleben, sie kann nicht auf einer Förderschule unterrichtet werden.

Und die schulischen Leistungen? Unter den Gewinnern von Schulpreisen finden wir in jüngster Zeit all die Schulen, die sich vorzeitig mit eigenen Konzepten auf den Weg zur Inklusion begeben haben. Manchmal sogar im Streit mit dem Schulministerium unter Umgehung von Vorgaben, z.B. zur Notengebung. Unter den PISA-Gewinnern sind regelmäßig Staaten, die inklusiv beschulen. In NRW haben die Schulversuche schon vor 20 Jahren die guten Leistungen der Schüler im gemeinsamen Unterricht mit Nichtbehinderten belegt. Die Landesregierung hat erkannt, dass das gesamte System hin zu individueller Förderung für jedes Kind, egal ob behindert oder nicht, umgebaut werden muss. Die Grundschulen haben sich längst auf den Weg gemacht. Konsequent folgen muss ein Strukturwandel mit in Zahlen gefassten Zielvorgaben zur Überführung des Sondersystems in ein inklusives Schulsystem. Die Landesregierung darf jetzt nicht aus ideologischen Gründen an einem System festhalten, das den Bedürfnissen aller Kinder längst nicht mehr gerecht wird.

Ein Wahlrecht für Kinder mit Behinderungen ist ein Schritt, der jetzt kommen muss, ein erster Schritt hin zu einer besseren Schule für ALLE.

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Ulrike Hüppe: NRW.jetzt

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