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Eltern wehren sich in NRW gegen Politiker, die die Lufthoheit über Schüler erringen wollen

von KLAUS KELLE

Als Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Anfang April einen Wahlkampfauftritt im Lüdenscheider Kulturhaus absolvierte, wähnte sie sich auf sicherem Grund. 250 Zuschauer wollten die First Lady des größen Bundeslandes erleben, Händeschüttel, strahlen und das Lokalmedium schrieb hinterher von „Ruhr-Kolorit“

Um Innere Sicherheit sollte es gehen, um die Infrastruktur und um Steuergerechtigkeit („Die kriegen wir alle an die Hammelbeine.“) Doch eine Frage schien die SPD-Spitzenfrau zu irritieren. Einer im Publikum meldete sich zu Wort und fragte, warum die SPD eigentlich weiter am G8 genannten verkürzten Abitur in Nordrhein-Westfalen festhalten wolle. Frau Kraft antwortete wenig überzeugend: „Das ist unser Konzept.“ Klar ist es, und es kommt ihr möglicherweise als Thema in Wahlkampfzeiten gar nicht passend, denn sie legte nach und warnte davor, das derzeit laufende Volksbegehren für die Wiedereinführung von G9 zu unterstützen – also wieder neun Jahre Gymnasium bis zum Abi statt jetzt acht. Die SPD und auch die anderen Parteien außer den Piraten wollen die Entscheidung den Eltern freistellen. Doch eine weitere Bemerkung der Ministerpräsidentin ließ aufmerken: „Vorsicht bei dieser Initiative, die gerade Unterschriften sammelt. Die haben ganz andere Ziele.“

Was die „anderen Ziele“ sein sollen, konnten wir im Gespräch mit der G9-Initiative, die das Volksbegehren eingeleitet hat und fleissig Unterschriften sammelt, nicht feststellen. 2004 hatten alle Parteien im Landtag die Schulzeitverkürzung beschlossen – Alternativlosigkeit würde man heute wohl sagen.

Die Argumente der Elterninitiative klingt in den Ohren von rot-grünen Ideologen nämlich gar nicht gut:

G8 ist nur zu organisieren, wenn lange Schultage und Ganztagsunterricht exzessiv stattfinden – das schadet dem Familienleben und das macht außerschulische Aktivitäten wie Vereinssport, Musikunterricht und ähnliches schwer bis unmöglich.

G8 gibt der Schule das Instrument analog zur „Lufthoheit über den Kinderbetten“, wie der SPD-Politiker Olaf Scholz das mal formulierte. Weniger Zeit zu Hause bei Familie und Freunden, mehr Zugriff des Staates auf die Kinder. In Zeiten, in denen zunehmend politische Inhalte in unsere Schulen getragen werden (Gender-Schwachsinn, „bunte Gesellschaft“) für viele Eltern kein erstrebenswerter Zustand.

G8 dominiert den Tagesablauf der Kinder. Das nimmt ihnen den Freiraum, um ihre Individualität zu entwickeln, auch in Vereinen und Kirchen.

G8 hat dazu geführt, dass Lehrninhalte vereinfacht und gekürzt werden. Ohne Freizeit, um erlerntes Wissen „abzuspeichern“ ist ein effektiver Lernerfolg schwerer zu erzielen, das Humboldtsche Bildungsideal, also das Streben nach Allgemeinbildung, Selbstbestimmung und Mündigkeit.

SPD, Grüne und Linke propagieren seit langem offen „Eine Schule für alle“, also eine Einheitsschule mit gebundenem Ganztag. Alle Schüler sollen bis zur Klasse 10 gemeinsam unterrichtet werden. Jede Schwächung des Gymnasiums hilft, dieses Ziel zu erreichen. So will man erreichen, dass das Gymnasium nicht mehr „abschult“, also Schüler ohne entsprechende Leistungen auf andere Schulformen verweist. Stattdessen sollen alle Schüler „mitgenommen“ und alle Abschlüsse angeboten werden. Damit wird das Gymnasium zu einer zweiten Gesamtschule. Zusammen mit dem forcierten Ausbau des gebundenen Ganztags werden die Kinder weiter aus den Familien gelöst und in staatlichen Einrichtungen betreut.

Vielleicht warnte Hannelore Kraft genau deshalb in Lüdenscheid eindringlich vor dem Volksbegehren…

Wie sie helfen können:
https://www.g9-jetzt-nrw.de/volksbegehren.html

Bildquellen (Titel/Herkunft)

  • Jugendliche_2: pixabay

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