„Das Thema Unternehmensnachfolge genießt seit Jahren hohe Aufmerksamkeit“
In Nordrhein-Westfalen werden bis 2022 mehrere 10.000 Unternehmen übergeben. Und gerade im Mittelstand sind Familie und Unternehmen oft untrennbar verbunden. Daher sind bei der Übertragung eines Unternehmens sowohl steuerliche als auch strategische Überlegungen sehr wichtig.
Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn) untersucht unter anderem die Unternehmensnachfolgesituation in Deutschland. Die aktuellen Zahlen sind beeindruckend: Die vorliegende Schätzung für den Zeitraum 2018 bis 2022 kommt zum Ergebnis, dass etwa 150.000 Unternehmen mit rund 2,4 Millionen Beschäftigten zur Übergabe anstehen. In Nordrhein-Westfalen werden die Quoten entsprechend sein – das stellt die Unternehmen vor komplexe Herausforderungen, ganz gleich, ob das Unternehmen innerhalb der Familie weitergegeben oder an einen Dritten verkauft werden soll.
„Bei einer Unternehmensübertragung können viele Fehler passieren, die wiederum die Zukunft des Unternehmens, die finanziellen Sicherheit des Senior-Unternehmers und möglicherweise auch den Familienfrieden beschädigen können. Das folgt dem einfachen Motto, dass Familie und Unternehmen im Mittelstand oft untrennbar verbunden sind“, sagt Jens Bormann, Steuerberater und Partner von Beyel Janas Wiemann + Partner aus Geldern und Kempen. Die Experten beraten regelmäßig Familienunternehmer und deren Nachfolger steuerlich, betriebswirtschaftlich und strategisch.
Dabei bezieht Jens Bormann sich auf Erkenntnisse des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn): „Das Thema Unternehmensnachfolge genießt seit Jahren hohe Aufmerksamkeit, auch weil mit dem Scheitern einer Unternehmensnachfolge die Vermutung eines volkswirtschaftlichen Schadens, vor allem der Verlust von Arbeitsplätzen, verbunden wird.“ Diese Schäden gelte es zu verhindern – und zwar durch eine langfristige Gestaltung mit Augenmaß.
Belastung durch Erbschaft- und Schenkungsteuer
Bei einer Nachfolgeregelung innerhalb der Familie sind es vor allem zwei Aspekte, die nach der Erfahrung der Steuerberater eine Rolle spielen. Zum einen ist dies die Besteuerung der Unternehmensübertragung. Durch die Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer vor einigen Jahren kann es schneller zu einer steuerlichen Belastung kommen als in der Vergangenheit. „Gerade durch Grundstücks- und Immobilienbesitz können schnell hohe Unternehmenswerte entstehen, die dann wiederum zu Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer führen“, sagt Kanzleipartner Martin Beyel.
Aber: Die Grenze dafür liegt bei 26 Millionen pro Erwerb. „Das bedeutet, dass auch Eigentümer größerer Unternehmen Chancen der steuerfreien Übertragung nutzen können, indem beispielsweise die Nachfolge in mehreren Stufen erfolgt. Denn alle zehn Jahre können Anteile steuerfrei übergeben werden. Das ist einer Sonderregelung für lebzeitige Schenkungen, die Eigentümer und potenzielle Nachfolger in Anspruch nehmen sollten. Tun sie das nicht, kann es je nach Höhe des Betriebsvermögens zu einer echten ‚Steuerbombe‘ kommen, und kaum ein Erbe kann beispielsweise einen siebenstelligen Betrag aus dem eigenen liquiden Vermögen aufbringen, um die fällige Erbschaftsteuer zu bezahlen.“ Die Konsequenz laut Martin Beyel: Immobilien und/oder Firmenvermögen müssen zur Begleichung der Steuerschuld veräußert werden.
Vertrauen zwischen den Generationen
Über diese Schenkungsstrategie können Nachfolger auch viel eher an das Unternehmen herangeführt werden, betont Jens Bormann. „Das Szenario ist recht einfach: Der Senior-Unternehmer kann unter diesen Rahmenbedingungen Verantwortung nach und nach übergeben, und die Nachfolger können sich an der Unternehmensspitze positionieren und immer noch vom Eigentümer lernen. Das führt unserer Erfahrung nach zu einem hohen Vertrauen zwischen den Generationen.“ Das sei der zweite Aspekt einer gelungenen Nachfolge: Der Übergeber wisse, dass das Unternehmen in guten Händen sei – und der Nachfolge könne behutsam eigene Ideen einbringen.
Und auch bei einem Unternehmensverkauf komme es auf die richtige Gestaltung an. Zum einen müsse der Verkauf professionell mit allen Unterlagen vorbereitet werden, weiß Martin Beyel, zum anderen entstünden auch nicht unerhebliche steuerliche Pflichten. Verkauft ein Unternehmer Anteile einer Kapital- oder Personengesellschaft, sind die Gewinne aus dem Verkauf für den Unternehmer nach § 17 EStG bei Kapitalgesellschaften beziehungsweise § 16 EStG bei Personengesellschaften steuerpflichtig. 60 Prozent des Veräußerungsgewinns abzüglich eines kleinen Freibetrags aus dem Verkauf von GmbH-Anteilen unterliegen der Steuerpflicht. Dieser Anteil wird mit bis zu 45 Prozent besteuert, insgesamt resultiert daraus eine Steuerlast von 27 Prozent auf den Kaufpreis. „Wir berechnen bei einem Unternehmensverkauf vorab die Steuerlast. Das verhindert böse Überraschungen“, sagt Martin Beyel.
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