KOMMENTAR: Wer sind denn bloß die „jungen Männer“?
Von KLAUS KELLE
Gelsenkirchen – Ein Routineeinsatz, Verkehrskontrolle. Zwei Polizisten wollen den Fahrer eines PKW überprüfen, es ist kurz nach Mitternacht, auf einer Straße in Gelsenkirchen. Der Fahrer springt aus dem Auto und flüchtet, einer der Beamten nimmt die Verfolgung auf. Doch dann läuft die Sache aus dem Ruder. Von einer nahegelegenen Gastwirtschaft kommen acht Männer angelaufen und stellen sich dem Polizisten in den Weg, versuchen ihn zu Fall zu bringen. Weitere junge Männer kommen angerannt und stellen sich dem anderen Beamten in den Weg, der mit seinem Streifenwagen hinter dem Verdächtigen her ist. Es kommt zu Rangeleien, 20 Randalierer bedrängen und beleidigen die beiden Polizisten. Erst eine Einsatzhundertschaft, die zufällig wegen eines Bundesligaspiels in der Nähe ist, bekommt die Lage in den Griff. Eine Pistole und ein Messer wurden sichergestellt, vier Personen in Gewahrsam genommen, ein Polizist verletzt.
Ein kleiner Zwischenfall irgendwo des nachts in einer Großstadt. Wie wäre es ausgegangen, wenn nicht zufällig zahlreiche Beamte in der Nähe gewesen wären? Und was erfahren wir über die Täter, außer das sie „junge Männer“ waren? Aufmerksamen Zeitunglesern ist klar, was dieser Terminus in der Regel bedeutet. Denn wären es zum Beispiel Fußball-Hooligans gewesen, hätten die Medien berichtet: es waren Fußball-Hooligans. Und wären es Rocker gewesen, hätten sie geschrieben: es waren Rocker. Und wären es Nazi-Typen gewesen, wäre selbstverständlich überall berichtet worden: es waren Nazi-Typen. Aber in diesem Fall waren es mal wieder „junge Männer“. Wollen wir wetten, dass sie einen Migrationshintergrund hatten? Im Radio hörte ich heute einen Beitrag über diesen Fall. Der bekannte Kriminologe Pfeiffer aus Niedersachsen analysierte, wenn da so Männer, die selbst mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten seien, einen derartigen Einsatz sähren, dann würden sie sich schnell mit dem Verfolgten solidarisieren und den Polizeieinsatz „behindern“. Kein Wort, um was für „Jugendliche“ es sich da gehandelt hat. Aber mir fällt das interne Papier aus dem Duisburger Polizeipräsidium ein, in dem vor wenigen Monaten die Befürchtung geäußert wurde, im Ruhrgebiet könnten rechtsfreie Räume entstehen, in die sich die Polizei nur noch mit starken Kräften wagen könne. No-Go-Areas, wie man so schön sagt. Ganze Straßenzüge, heißt es in dem Papier, würden von Banden kontrolliert, Polizisten sähen sich „hoher Aggressivität und Respektlosigkeit“ gegenüber. Arnold Plickert von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußerte sich im Juli öffentlich über die Lage in Gegenden von Ruhrgebietsstädten: „Dort kämpfen mehrere rivalisierende Rockergruppen sowie libanesische, türkische, rumänische und bulgarische Clans um die Vorherrschaft auf der Straße. Die definieren für sich: Hier hat die Polizei nichts mehr zu sagen.“
Handelte es sich bei dem Vorfall in Gelsenkirchen um eine solche Situation? Waren die aggressiven Jugendlichen Bandenmitglieder, gehörten sie zu einem Clan von Migranten? Wir wissen es nicht, weil uns niemand die Wahrheit sagt. Sicher mit guten Absichten, weil man ja nicht will, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippt. Wenn die Leute allerdings das Gefühl haben, dass sie für dumm verkauft werden, dann wird die Stimmung garantiert kippen.
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- Polizei im Einsatz: pixabay