Silvesternacht in Köln: CDU erhebt schwere Vorwürfe gegen Innenminister Jäger

Düsseldorf – Hätte die Polizei in der Kölner Silvesternacht schneller und entschlossener eingreifen können uns müssen? Berichte mehrerer Zeitungen in NRW erhärten den Verdacht. Die Sprecherin der CDU im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags, Ina Scharrenbach nennt die jetzt bekannt gewordenen Notrufe aus der Nacht zum Neujahr „laute Zeugen gegenüber einem stummen Innensenator“. Scharrenbach weiter: „Die Kölner Polizei hat in ihrem Bericht vom 10. Januar (!) an das NRW-Innenministerium festgestellt, dass eine Auswertung der aufgezeichneten Notrufe einen Aufwand von zehn Arbeitstagen bedeute würde. Das war es dem Innenminister offenkundig nicht wert, da er diese Auswertung nie angestoßen hat.“

Die CDU-Landtagsfraktion hat die entsprechende Auswertung im Untersuchungsausschuss explizit beim Innenministerium angefordert. Statt der Analyse und Auswertung übersandte der Innenminister dem Ausschuss 1.267 Notrufe – zur Selbstauswertung. Zynischer geht es kaum noch. Die Auswertung der Notrufe wäre Kernbestand der üblichen polizeilichen Nachbereitung gewesen. Doch wie der Untersuchungsausschuss und die Öffentlichkeit eher beiläufig erfuhren, habe Innenminister Jäger eben diese Nachbereitung angehalten, vorgeblich aus Respekt gegenüber dem Untersuchungsausschuss. Die polizeiliche Nachbereitung gehörenicht zu unserem Auftrag. Die Politikerin: „Ihre Existenz hätte uns bei der Erfüllung unseres Auftrags der politischen Nachbereitung jedoch sehr geholfen.“

Nachdem SPD, Grüne und Piraten die Anhörung aussagebereiter Opfer im Ausschuss abgelehnt haben, hat sich die CDU-Landtagsfraktion die Arbeit gemacht und Notrufe angehört. Sie hat Notrufe am 24. Oktober 2016 im Untersuchungsausschuss eingespielt. Trotz der erschütternden Zeugnisse notleidender Frauen im Kontakt mit einer offenkundig handlungsunfähigen Polizei erfolgte kein Sinneswandel, weder im Innenministerium noch bei den Abgeordneten von SPD und Grünen. Ihre Reaktion bestand darin, bei weiteren Einspielungen mit rechtlichen Konsequenzen zu drohen – vorgeblich zum Schutz der Opfer.

„Deckel drauf“ – diesem Ziel habe der Innenminister offenkundig alles untergeordnet. Dass das selbst für eine angemessene Aufarbeitung der Notrufe bedrohter Frauen galt, sei eine neue Dimension. Das Trauma der Opfer von Köln, das ist das Erleiden sexueller Gewalt gegen sie, die Erfahrung ausbleibender Hilfe durch eine überforderte Polizei und die Erkenntnis, dass dafür in der für Innere Sicherheit zuständigen Landesregierung niemand politisch verantwortlich sein will.

Scharrenbach: „Wo blieb bei der Aufarbeitung der Notrufe die Wut, die den Innenminister nach eigener Auskunft packt, wenn er sich derartige Vergehen gegen seine Töchter vorstellt? Wo blieb bei der Nachsorge für die Opfer von Köln der Eifer der Ministerpräsidentin, den sie bei ihrem Versprechen einer lückenlosen Aufklärung darstellte? Fehlanzeige. Der daraus resultierende Vertrauensverlust in staatliche Stellen ist verheerend. Vielleicht ist es der Landesregierung jetzt, nach Bekanntwerden der hinter den Notrufen stehenden persönlichen Geschichten, wichtig genug, die von der Polizei angebotene Auswertung anzufordern und zur Verfügung zu stellen. Es wäre das Mindeste.“