LANDTAGSWAHL IN NRW Noch einmal Rot-Grün bleibt Nordrhein-Westfalen heute erspart

Düsseldorf – Nordrhein-Westfalen galt Jahrzehnte lang als wirtschaftlicher Treiber der Bundesrepublik. Inzwischen steht es nicht zuletzt wegen seiner Schulden und Arbeitslosenquote in der Kritik. In den vergangenen 50 Jahren hatte in NRW fast immer ein SPD-Regierungschef die Zügel in der Hand. Am Sonntag werden die Karten neu gemischt. Alles Wichtige zur Wahl:

DIE FAKTEN: Die Abstimmung in Nordrhein-Westfalen ist die letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl am 24. September. Rund 13,1 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, den neuen Landtag zu wählen. Knapp 840 000 von ihnen sind Erstwähler. Der Landtag wird für fünf Jahre gewählt. Das Angebot war bei einer NRW-Landtagswahl noch nie so groß wie in diesem Jahr. Insgesamt sind Landeslisten von 31 Parteien zugelassen, 14 mehr als vor fünf Jahren. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2013 waren in NRW 22 Parteien mit Landeslisten dabei. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 59,6 Prozent.

PARLAMENT:
NRW hat das größte Parlament aller Bundesländer. Mindestens 181 Abgeordnete gehören dem Landtag an. Wegen zahlreicher Überhang- und Ausgleichsmandate gibt es in der zu Ende gehenden Legislaturperiode sogar 237 Sitze. Die neuen Abgeordneten werden in 128 Wahlkreisen und aus den Landeslisten der Parteien gewählt.

MINISTERPRÄSIDENTEN: In 45 der vergangenen 50 Jahre stellte die SPD den Ministerpräsidenten in Düsseldorf. In dieser Zeit war das Amt nur von 2005 bis 2010 in der Hand der CDU, bei Jürgen Rüttgers.

KOALITIONEN: In keinem anderen Bundesland hat Rot-Grün solange regiert wie in Nordrhein-Westfalen – fast 17 Jahre. Von 1995 bis 2005 gab es Koalitionen von SPD und Grünen unter den SPD-Regierungschefs Johannes Rau, Wolfgang Clement und Peer Steinbrück. Seit 2010 führt Hannelore Kraft eine rot-grüne Regierung. Eine rechtsradikale oder rechtspopulistische Partei hat es noch nie in den Landtag geschafft.

DIE AUSGANGSLAGE: Bislang sind fünf Parteien im Parlament am Rhein. Mit Abstand stärkste Kraft wurde 2012 die SPD mit 39,1 Prozent der Stimmen. Die CDU fuhr unter Norbert Röttgen mit 26,3 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer NRW-Landtagswahl ein. Die Grünen erhielten 11,3 Prozent und die FDP 8,6 Prozent. Die Piraten zogen mit 7,8 Prozent erstmals ins Landesparlament ein; die Linke verpasste den Wiedereinzug mit nur 2,5 Prozent.

DAS PERSONAL: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird die SPD auch bei der Wahl im Mai als Spitzenkandidatin anführen. Seit 2010 führt die 55-Jährige eine rot-grüne Koalition – zunächst als Minderheitsregierung, nach deren Scheitern und einer vorgezogenen Neuwahl 2012 mit komfortabler Mehrheit. Herausforderer ist Armin Laschet, der derzeitige CDU-Parteichef und Fraktionsführer. Die Grünen gehen mit Schulministerin Sylvia Löhrmann ins Rennen, die FDP mit ihrem Bundesvorsitzenden Christian Lindner. Er hat bereits angekündigt, bei einem Einzug in den Bundestag im September nach Berlin zu wechseln. Für die Linke tritt Spitzenkandidatin Özlem Alev Demirel an, für die AFD deren Landesvorsitzender Marcus Pretzell und für die Piraten Michele Marsching.

DIE WAHLKAMPFTHEMEN:
Die Union hält Rot-Grün manche Wirtschaftsprobleme des Landes vor. Sie spielt auch das Thema Innere Sicherheit und spricht von Pannen der Behörden etwa bei den Übergriffen der Kölner Silvesternacht und im Umgang mit dem späteren Berliner Attentäter Anis Amri. Gestritten wird zudem über die Ausgestaltung des Abiturs, auch wenn sich fast alle einig sind, dass neun Jahre Dauer zumindest möglich sein sollen. Viel Kritik gibt es an der Mietpreisbremse, vor allem seitens der FDP, CDU und AfD.

DIE UMFRAGEN: Die CDU hat zuletzt aufgeholt und lag in den beiden allerletzten Umfragen sogar knapp vor der SPD. In den letzten eineinhalb Wochen vor der Wahl rangierte sie bei 30 bis 32 Prozent, die SPD bei 30 bis 33. Die Grünen erreichten nur noch 6,5 bis 7,5 Prozent, die Freidemokraten 9 bis 13, die AfD 6 bis 9 und die Linke 5 bis 8 Prozent.

DIE OPTIONEN:
Für die Fortsetzung von Rot-Grün gibt es schon lange keine Mehrheit mehr in den Umfragen. Am wahrscheinlichsten scheint derzeit eine große Koalition zu sein: Fraglich ist, ob Kraft Regierungschefin bleiben kann und CDU-Herausforderer Laschet nur Stellvertreter wird – oder ob er Platz eins erobert und selbst Chef wird. Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP haben die Freidemokraten ausgeschlossen. Die Tür zu einem Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen wiederum haben Letztere zugeschlagen. Auf den letzten Metern hat sich Kraft zudem doch noch klar gegen Rot-Rot-Grün festgelegt. Dass es für ein Zweierbündnis aus SPD und FDP oder gar CDU und FDP reicht, erscheint nach den Umfragen unwahrscheinlich. Einig sind sich alle in einem: Kein Bündnis mit der AfD. (dpa)